Austritt aus der Partei DIE LINKE

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Genossinnen und Genossen,

 

zu Beginn meines Statements möchte ich DANKE sagen.

Danke für unzählige tolle Erlebnisse, tolle Erfahrungen und Begegnungen, die ich machen durfte und DANKE für all das Vertrauen, das mir über die nunmehr über 18 Jahre immer und immer wieder von vielen Genossinnen und Genossen, vor allem in meinem Kreisverband, entgegengebracht worden ist.

 

18 Jahre, in denen ich u.a. 9 Jahre Mitglied im Landesratspräsidium DIE LINKE. NRW sein und über all die Jahre eigentlich recht durchgehend den Viersener Kreisverband als Delegierter in verschiedenen Landesgremien vertreten durfte, 8 Jahre durfte ich Vorsitzender des Kreisverbandes DIE LINKE. Viersen sein (2008-2010/2012-2018), 3-mal war ich Spitzenkandidat des benannten Kreisverbandes zu den Kommunalwahlen auf Kreis- und 2-mal auf städtischer Ebene (2009/2014/2020), 2-mal Landratskandidat für den Kreis Viersen (2015/2020, 2015 mit dem besten Ergebnis der Partei bei den Landrats- und Ober/Bürgermeisterwahlen in ganz NRW), einmal Direktkandidat im Kreis Viersen für den Landtag NRW (2012) und einmal Direktkandidat für den Deutschen Bundestag (2017). Seit 2009 bin ich für die Partei Mitglied im Viersener Kreistag und Fraktionsvorsitzender (bzw. Gruppenvorsitzender von 2009 – 2014), Ratsherr und Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Viersen sowie in diesen Funktionen Mitglied unzähliger Ausschüsse, Arbeitskreise, Personalauswahlkommissionen und weiterer Gremien.

 

Ich werde all diese Erlebnisse und Erfahrungen nie vergessen und sage aus tiefem Herzen DANKE für die Möglichkeiten und das Vertrauen in meine Person an alle, die mich unterstützt, aber auch an alle, die mich immer wieder gewählt haben!

 

Seit Gründung des WASG-Kreisverbandes Viersen im Januar 2005 (eine der zwei Quellparteien) haben wir gemeinsam viele Wege gemeistert, Strecken zurückgelegt, diskutiert und gestritten, gelacht und geweint, gefeiert und getrauert. Viele Jahre habe ich intern sowie in der Öffentlichkeit mit Feuer, Inbrunst und Gesicht als Person für die Partei gearbeitet, gestanden und eingestanden. In den letzten Jahren hat sich diese meine Einstellung geändert, meine Probleme mit Beschlüssen (auch auf personeller Ebene) wurden größer, der Weg schwammiger und teils rückwärtsgewandt, das Ziel unklarer. Ich war nie zu 100% auf Linie des Parteiprogramms oder diverser Wahlprogramme, aber wer ist das schon. Auch 80% haben mir gereicht, für das zu brennen und zu arbeiten, was ich richtig finde und mir zudem auch noch Spaß macht. Diese 80% erreiche ich mittlerweile bei weitem nicht mehr.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Genossinnen und Genossen,

nach über 18 Jahren haben wir uns auseinandergelebt.

Mein Weg in der Partei DIE LINKE ist zu Ende.

 

Ich bin mal in die Politik gegangen, einer Partei beigetreten, um etwas zu verändern, die Welt ein kleines bisschen zu verbessern. Mit meckern um des Meckerns willen, immer die Nadel im Heuhaufen suchen und dauerhaftes mehr fordern als andere erreicht man dies nicht, vor allem nicht auf Dauer. Nur den Laden am Laufen zu halten, um den Laden am Laufen zu halten ist und war mir schon immer zu wenig! Dauerhafte Selbstbeschäftigung auszuüben, dafür zu arbeiten und zu kämpfen, das Einzelne ihr Scheinwerferlicht behalten, das habe ich nie als meinen Weg verstanden und das werde ich auch nicht als meinen Weg sehen.

 

Ich gehe nicht im Groll und nicht im Streit.

Ich gehe, weil ich nicht mehr für die Partei brenne, nicht mehr das Feuer empfinde, das einmal da war und auch nicht mehr das Gefühl habe, das in dieser Partei dieses Feuer (für mich) wieder neu entfacht werden könnte. Diese Entscheidung ist keine ad-hoc Entscheidung auf irgendeinen einzelnen Beschluss, wegen irgendeiner einzelnen Personalentscheidung oder wegen irgendeiner Streitigkeit. Diese Entscheidung ist gewachsen in den letzten min. 12 Monaten, die mir gezeigt haben, dass es sich nicht geben, es nicht mehr besser werden wird. Eher das Gegenteil wird der Fall sein.

 

Menschen verändern sich, Parteien verändern sich und wenn es nicht mehr passt, dann ist für beide Seiten die einzig richtige Entscheidung, dass sich die Wege trennen. Ich habe die Partei DIE LINKE für mich immer als Projekt (an)gesehen. Ein Projekt zeichnet sich (für mich) dadurch aus, dass es einen Anfangs- und einen Endpunkt hat. Der Anfangspunkt war für mich im Januar 2005 und der Endpunkt ist für mich (damals unvorstellbare) 18,5 Jahre später, im Juni 2023. Diese Entscheidung ist wohlweislich über sehr lange Zeit gereift und unumkehrbar.

 

Am Ende des Tages sind (bzw. waren) wir alle Mitglieder einer Bundespartei, deren Politik und Handeln ich nicht mehr teile, wie es für mich nötig wäre und auch nicht mehr (öffentlich, aber auch persönlich) vertrete bzw. vertreten möchte. Ähnliches gilt für den Landesverband NRW, dem mein Austritt recht egal sein wird, Interesse für mich oder meine Arbeit gab es von dieser Seite eh selten bis nie, eher im Gegenteil. Ich persönlich fühlte mich auf Landesebene nie wirklich wohl oder willkommen.

 

Eine Kommunikation auf Augenhöhe hat man nie hinbekommen oder versucht, wort- und kommentarlos wird man als Fraktionsvorsitzender auf Kreis- und Stadtebene aus landesweiten Verteilern entfernt. Interesse am Kreisverband oder den Fraktionen (die wir hier im tiefschwarzen Westen aus dem nichts und mit viel Arbeit und Aufwand aufgebaut haben) gab es aus dieser Richtung nicht, hauptsache die Gelder fließen. Man beschäftigt sich auf dieser Ebene lieber mit sich selber und etwaigen möglichen Utopien, Pöstchen, Positionen und/oder (theoretischen) Mandaten. Wirklich etwas ändern, etwas verbessern im Land, im Bund möchte man eigentlich nicht!

 

Daher erkläre ich hiermit meinen Austritt aus der Partei DIE LINKE gemäß § 3 II Bundessatzung mit sofortiger Wirkung. (Weitere Details bitte ich der beigefügten Mitgliedskarte zu entnehmen.)

Mein Austritt gilt ebenfalls für die Sozialistische Linke, die Ökologische Plattform und etwaiger weiterer Arbeitskreise (LAG/LAK), in denen ich eingetragen bin.

Um schriftliche Bestätigung meines Austrittes wird hiermit gebeten (gerne auch per E-Mail).

 

Was meine kommunalpolitische Arbeit angeht, so werde ich mir im Rahmen der nun beginnenden Sommerpause meine Gedanken machen und diese dann am Ende der Sommerpause bzw. kurz danach bekannt geben.

 

Dem Kreisverband, dem ich viele Jahre als Vorsitzender diente, den ich mit aufgebaut und infrastrukturell ausgestattet habe, wünsche ich alles Gute für die Zukunft.

 

In diesem Sinne verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

 

Christoph Saßen